Stadt Worms

Mit dem Frauenwahlrecht wurde bei der Wahl der in Weimar tagenden verfassunggebenden Nationalversammlung ein seit längerem von den Vertreterinnen der Frauenbewegung angestrebtes Ziel erreicht: Das Wahlgesetz vom 30.11.1918 sah erstmals in der deutschen Geschichte ein reichsweites allgemeines, gleiches, geheimes und direktes Wahlrecht für Männer und Frauen vor.

In vielen Städten waren schon vor dem Kriegsausbruch Ortsgruppen des 1902 in Hamburg gegründeten ‚Deutschen Vereins für das Frauenstimmrecht’ aktiv, so etwa in Worms 1907, in Mannheim schon vorher. Von den Parteien des Kaiserreiches forderte nur die SPD seit 1891 konsequent das Frauenwahlrecht. Immerhin fast zehn Prozent der Mitglieder der Nationalversammlung von 1919 waren dann Frauen; viele der politisch aktiven weiblichen MdR waren bereits in der Frauenbewegung der Vorkriegszeit aktiv und erfahren.

Auf kommunaler Ebene wurden in Worms erstmals bei den Wahlen für die Stadtverordnetenversammlung am 9. November 1919 vier Frauen aus vier Parteien in das Kommunalparlament gewählt. Es handelt sich erstens um die von der Deutschen Volkspartei (bürgerlich-rechtsliberal, Nachfolgepartei der Nationalliberalen) aufgestellte Ehefrau des Krankenhausdirektors Medizinalrat Prof. Dr. Lothar Heidenhain Marie Heidenhain, die bis 1930 Leiterin der DVP-Frauengruppe blieb, zweitens die berufsbedingt ledige Lehrerin Gertrud(e) Walter (1878-1932, Zentrumspartei, katholisch), drittens von der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) die verheiratete Mathilde Geiger (1873-1932, vier Kinder geb. 1899-1907, Ehemann Verwaltungsdirektor, eigener Beruf unbekannt) sowie viertens für die SPD Elisabeth Mengel (geb. 1888).

Bis zum Ende der Demokratie 1933 waren stets vier bis fünf Frauen im Stadtparlament vertreten. Insgesamt warben gerade die bürgerlichen Parteien, die vor 1914 die Forderung nach dem Wahlrecht für Frauen nicht unterstützt hatten, nach 1919 viele weibliche Stimmen. Relativ häufig engagierten sich Lehrerinnen kommunalpolitisch, die für ihre beruflichen Möglichkeiten den Preis erzwungener Ehelosigkeit zu zahlen hatten (sog. Lehrerinnenzölibat).
Die längste weibliche kommunalpolitische Tätigkeit weist die streitbare Kommunistin Elise Hagelauer (geb. Pfeiffer, Jahrgang 1889, Hausfrau) auf, die von 1922 bis 1933 und dann erneut von 1946 bis 1952 für die KPD im Stadtparlament aktiv blieb – sie stand 1925 immerhin auf Platz eins der Wahlliste der relativ starken und auch nach 1945 relativ erfolgreichen Wormser Kommunisten.

Gerold Bönnen, Leiter des Stadtarchivs Worms